Forschung & Diskussion

Über den Aal wird heiß diskutiert. Es herrscht eine rege und emotionale Auseinandersetzung darüber, was der richtige Weg für die Wiederherstellung seines Bestandes ist.

Umso wichtiger ist es, die Forschung voranzubringen, Irrtümer aufzuklären und zielgerichtet und gemeinsam zu handeln. Es folgt eine Auswahl der wichtigsten Themen.

Scrolle abwärts, um mit dem Aal-Einzugsgebiet zu starten

Einzugsgebiet

Wo der Aal Europa und Deutschland erreicht und wie er dort lebt.

Meeresströmungen

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Aal.

Aal auf roter Liste

Was “critically endangered” beim Aal wirklich bedeutet.

Wichtigkeit von Besatz

Was Besatzaktionen so essenziell für den Fortbestand des Aals macht.

Bewertung des Bestands

Wie Bestandsmessungen aufgrund von Glasaalfängen zu bewerten sind.

Gefahren für den Aal

Moralitäten durch Wasserkraft, Predatoren, Parasiten und Wilderer.

Diskussion Fangverbot

Sollte man das Fangen von Aalen einfach komplett verbieten?

Aal auf roter Liste

Was “critically endangered” beim Aal wirklich bedeutet.

Wichtigkeit von Besatz

Was Besatzaktionen so essenziell für den Fortbestand des Aals macht.

Diskussion Fangverbot

Sollte man das Fangen von Aalen einfach komplett verbieten?

Das Einzugsgebiet des Aals

Aal in Deutschland und Europa

Der Aal erreicht im Stadium des Glasaals auch die deutschen Küsten. Hier könnt ihr auf ihn treffen.

Generelles Verbreitungsgebiet

Der Europäische Aal weist ein breites Verbreitungsgebiet vor. Er ist vom Nordatlantik mit Nordsee und Ostsee bis hin zum Mittelmeer beheimatet. Da er im Rahmen seines Lebenszyklus sowohl Salz- als auch Süßwasserfisch ist, bevölkert er aber nicht nur die Meere, sondern für den längsten Teil seines Lebens auch die Binnengewässer des europäischen Kontinents, ebenso wie Teile Nordafrikas und Kleinasiens.

Hauptsächlich lebt er in Küstennähe und Gewässern mit direktem Atlantikanschluss, wie Flüssen, Bächen und Seen. Als das populationsreichste Gebiet gilt die Gegend um den Golf von Biskaya, wohingegen seine Anzahl in den Flüssen weiter nördlich und östlich des Kontinents abnimmt.

Einzugsgebiet in Deutschland

Über die Meeresströmungen erreichen die Glasaale die Küste Europas und auch Deutschlands. Der maßgebliche Anteil von ihnen wird vor die südlichen Küsten getragen, also vor Frankreich, Spanien und Portugal, von wo sie versuchen, die Flüsse hinaufzusteigen. Teile erreichen allerdings auch die nordeuropäischen in Skandinavien, Großbritannien und diejenigen Deutschlands. In Deutschland sind es die Nord- und Ostseeküste, die den Aal mit seinem Laichgebiet in der Sargassosee verbinden. Wie überall ziehen die laichreifen Blankaale dann aus den Flüssen Deutschlands, wie der Weser und der Elbe, über Nord- oder Ostsee in den Atlantik. So bewegt sich der Aal auf vielfältigen Routen nach, durch und weg von Europa und unseren deutschen Binnengewässern.

Insgesamt hängt der Aufenthaltsort des Aals von seinem Stadium im Lebenszyklus ab. Als Glasaal erreicht er die Küsten, als laichreifer Blankaal verlässt er sie. Dazwischen lebt der Aal viele Jahre im Süßwasser vor allem an der Gewässersohle. Tagsüber versteckt er sich in Steinvorkommen, Baumwurzeln oder Pflanzen. Ebenso vergräbt er sich gerne im Schlamm. In der Nacht dagegen geht der Aal auf Futtersuche.

Veränderte Meeresströmungen

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Aal

Die in der Sargassosee geschlüpften Weidenblattlarven des Aals lassen sich von den Meeresströmungen auf einem 2 Jahre dauernden und 4500 Kilometer langen Weg an die Küsten Europas tragen, während sie zu kleinen, transparenten Glasaalen heranwachsen.

Doch die Meeresströmungen verändern sich. Die Erwärmung von Luft und Wasser im Rahmen des Klimawandels beeinflusst Stärke und Richtung der Strömungen und damit die etablierten Wanderwege. Dies hat zwei Auswirkungen, die maßgeblich sind, wenn man Bestandsmessungen zur Aalpopulation durchführen möchte.

Vorkommen verschieben sich

Wenn die Wanderwege sich wandeln, so verschiebt sich auch der Zielort. Das ist logisch. Während die Meeresströmungen in früheren Jahrzehnten Glasaalvorkommen vielfach auch an die nord- und mitteleuropäischen Küsten Europas trugen, so wird nun vermutet, dass sich diese Aufteilung gen Süden verschiebt. Zwangsläufig weisen die Populationsmesswerte der nördlich ausgerichteten Referenzpunkte dann niedrigere Messwerte. Dies bedeutet aber nicht, dass sich der Aalbestand insgesamt um die Differenz reduziert hat, sondern dass Glasaale nun in anderen Habitaten auftauchen.

Aktuell ergeben sich der Forschung dieses noch neuen Phänomens offene Fragen, die es durch Studien zu bewerten gilt.

Die alte Karte zeigt die Strömungen der Sargassosee

Strömungen beeinflussen Überlebenschancen

Die Messung der Glasaalbestände dient als Instrument zur Bewertung der Gesamt-Aalpopulation. Jedoch beeinflussen die unstetigen Meeresströmungen maßgeblich die Glasaalbestände. Biologen und Ozeanografen des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung simulierten über die 45 Jahre zwischen 1960 und 2005 die realen Meeresströmungen und setzten jeweils acht Millionen virtuelle Aale zum Laichen in die Sargassosee. Anschließend überprüften sie, wie viele der geschlüpften Larven innerhalb der nächsten zwei Jahre den Weg nach Europa schafften. Das Ergebnis zeigte, dass die zwischen den Jahren und Jahrzehnten enorm schwankenden Strömungen einen erheblichen Einfluss auf die Überlebenschancen der Aal-Larven hatten.

Zwischen 1960 und 1980 stimmte die Simulation mit den realen Zahlen junger Aale in Europa überein. Die Diskrepanz der Zahlen in den folgenden Jahren ist auf die hier stark zugenommenen Gefahren für den Aal zurückzuführen.

Insgesamt wird aber deutlich, dass auch Meeresströmungen eine wichtige Variable in der Bewertung der Aal-Population darstellen.

Glasaalfänge vs. Aalbestand

Wie Bestandsmessungen zu bewerten sind

Die Population des europäischen Aals unterliegt einem stetigen Wandel. Fakt ist, dass der Aal im vorindustriellen 19. Jahrhundert circa 40 Prozent der Fischmasse in den europäischen Binnengewässern ausgemacht hat. Es wird sogar davon berichtet, dass Landwirte die Tiere aus den Gräben auf die Felder schaufelten, um diese zu düngen.

Um beurteilen zu können, wie schlecht es um den Aalbestand tatsächlich bestellt ist, muss man folgendes berücksichtigen: Jegliche Tierpopulation unterliegt natürlichen Schwankungen – bedingt durch eine Vielzahl klimatischer und ökologischer Faktoren.

Die 60er Jahre sind als Referenzwert problematisch

Wichtig ist bei der Betrachtung des Sachverhalts jedoch die Tatsache, dass als Referenzzeitpunkt für das Glasaal Aufkommen die 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts herangezogen werden, also ein Zeitpunkt von vor ungefähr 50 Jahren. Damals gab es massive Besatzmaßnahmen mit Glasaalen in ganz Europa, die die heutigen deutlich übersteigen. Es ist zu vermuten, dass die Population durch diese Besatzmaßnahmen über ein natürliches Maß hinaus aufgestockt wurde.

Auch wenn dies signalisiert, dass Aalbesatz funktioniert, ist eine Bewertung der Gesamtpopulation des europäischen Aals allein auf Basis der Glasaal-Rekrutierungsraten aus vielerlei Hinsicht problematisch. Beispielsweise fangen die Glasaal-Fischer, insbesondere in Zeiten streng regulierter Fangquoten, nur so viel Glasaal wie sie absetzen können und dürfen. Wiederum Nichtberücksichtigung findet in der Glasaal-Rekrutierung jedoch die illegale Fischerei und der illegale Handel nach Asien, welche florieren und in 2018 laut Europol bis zu 100 Tonnen im Jahr ausmachten.

Außerdem fanden Messungen in der Vergangenheit nur an einigen ausgewählten Messstationen statt, was für eine Beurteilung des Gesamtbestandes nicht ausreichend ist.

Die Wissenschaft ist der Schlüssel

Ziel der Wissenschaft muss es deshalb sein, Methoden zu entwickeln, mit denen sich zuverlässige Schlüsse auf den tatsächlichen Bestand an Aalen ziehen lassen. Dies erfordert unter anderem Messungen im gesamten europäischen Verbreitungsgebiet. Nur wenn wir wirklich zuverlässige Daten über die Entwicklung des Aalbestandes haben, können Maßnahmen zielgerichtet gesteuert werden.

Gefahren für den Aal

Wasserkraftwerke, Fressfeinde (Prädatoren), Parasiten, Illegale Fischerei

Aale haben es heutzutage nicht mehr leicht. Eine Reihe von Gefahren, viele davon menschengemacht, stellen eine außerordentliche Gefahr für die Tiere dar. Diese sollen im Folgenden vorgestellt werden.

Wasserkraftwerke & Staudämme

Der Aal ist ein Wanderfisch. Nur mit einem barrierefreien Weg in die europäischen Flusssysteme und wieder zurück in den Ozean ist eine nachhaltige Fortpflanzung der Art sichergestellt. Jahrtausendelang war dies ohne Probleme möglich, denn die Natur war unberührt. Der Mensch hat diesen Umstand in den letzten 200 Jahren mit seinen massiven Eingriffen in die Umwelt geändert – zum Nachteil des Aals.

Ein riesiges Problem sind für den Aal Wasserkraftwerke und andere Migrations-Hindernisse wie in etwa Deiche und Staudämme, von denen es allein hierzulande etwa 55.000 Stück gibt. Nicht selten werden diese vermeintlich “grünen” Hindernisse, die saubere Energie versprechen, für Wanderfische wie Aale und Lachse zu tödlichen Fallen. Je nach Phase im Lebenszyklus werden schätzungsweise 30 bis 70 Prozent der wandernden Aale in den Turbinen der Wasserkraftanlagen getötet oder so stark verletzt, dass sie ihr Ziel nicht erreichen können.

Bis zu x kg Aal werden teilweise pro Tag aus einer einzelnen Turbine geborgen. Es ist deshalb unvermeidlich ausreichend Alternativrouten, wie zum Beispiel Fischtreppen, zu errichten.

Ein toter Blankaal - zerteilt durch die Rotoren einer Wasserkraftturbine
Die geborgenen Überreste von Aalen an einem Wasserkraftwerk

Fressfeinde/Prädatoren: Kormorane, Fischotter und viele mehr

Der Kormoran wurde als Konkurrenten von Fischern in der Vergangenheit stark bejagt, bis er selbst unter Naturschutz gestellt wurde. Seitdem hat sich sein Bestand jedoch mehr als erholt, sehr zum Leidwesen des Aals, denn dieser ist sein absolutes Leibgericht. Bis zu acht Prozent der Bestandsverluste des Aals gehen auf das Konto des Kormorans, welcher tagtäglich bis zu 500 Gramm Fisch verschlingt.

Aale sind die Leibspeise der Kormorane

Schwimmblasenwürmer

Der Schwimmblasenwurm ist ein blutsaugender Parasit, welcher die Schwimmblase von Aalen befällt. Ursprünglich kam dieser nur in Japan vor, wo er keinen außerordentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Aalpopulation nimmt. Die Einschleppung nach Europa hat ihn jedoch für den Europäischen Aal zum Problem gemacht, denn dieser wird viel stärker von ihm befallen, als sein japanischer Verwandter. Wie der Name es schon vermuten lässt, befällt Anguillicodoides Crassus, so sein lateinischer Name, die Schwimmblase der Aale. Dort ernährt er sich hämophag, also von Blut.

Neben einer allgemeinen Abmagerung der Aale, ist vor allem das sich an der Schwimmblasenhaut bildende Narbengewebe ein erhebliches Problem für den Fisch. Die Schwimmblase ist für den Aal als Druckausgleichs-Organ überlebenswichtig auf seiner Rückreise in die Sargassosee. Ohne eine funktionierende Schwimmblase benötigt der Aal beim Schwimmen viel zu viel Energie. Da er sich auf dem Weg in die Laichgebiete ausschließlich von seinen eigenen Fettreserven ernährt, kann es so leicht passieren, dass er sein Ziel nicht mehr erreicht oder zu schwach zum Ablaichen ist.

Illegale Fischerei & Schmuggel

Ein großes Problem ist Wilderei, also der illegale Fang von Glasaalen. Trotz verschärfter Gesetze und Kontrollen floriert das Geschäft mit den Glasaalen, denn die Nachfrage aus Asien, insbesondere aus China, ist ungebrochen hoch. Dort werden die Glasaale in Aquakulturen herangezogen und schließlich zu den begehrten Kabayaki-Filets verarbeitet. Aus einem Kilogramm illegal importierten europäischen Glasaal werden so über 700 Kilogramm dieser Filets, was einem Marktwert von weit über 20.000 Euro entspricht. Während die Fischer nur 200-300 Euro pro Kilogramm Glasaal erlösen können, bringt es den Schmugglern beim Weiterverkauf an die Aquakulturen schon bis zu 6000 Euro ein – ein sehr attraktives Geschäft und wahrscheinlich weltweit das größte Wildtier-Verbrechen; größer noch als der Schmuggel von Rhinozeros-Hörnern oder Elfenbein..

Experten schätzen, dass bis zu 100 Tonnen Glasaale jährlich illegal nach Asien exportiert werden, was eine enorme Anzahl ist. Dies ist katastrophal für den Bestand des europäischen Aals, denn den illegal entnommenen Tieren wird jede Chance genommen sich fortzupflanzen und so die Population in Europa zu erhalten.

Die Netzwerke der Schmuggler sind gut organisiert. Transportmethoden sind hierbei zum Beispiel Geheimfächer in Styroporboxen, welche mit anderer Ware und gefälschten Frachtpapieren verschleiert werden. Große Mengen von Glasaalen verlassen Europa im Gepäck von Reisenden nach Südostasien, welche die Tiere mit Kühlakkus und Thermodecken versorgt in ihren Koffern am Flughafen einchecken. Glasaale sind robust und der überwiegende Teil der Fische übersteht einen solchen Transport. Diese Methode, auch “Maulesel-Methode” genannt, ist zudem sicherer, da der finanzielle Verlust im Falle des Auffliegens weniger groß ist und die Verfahren oftmals aufgrund von Geringfügigkeit eingestellt werden. Letzteres ist ein riesiges Problem, denn die vergleichsweise milden Strafen schreckten die Täter in der Vergangenheit kaum ab. Erfreulicherweise wurde jedoch seitens der Ermittlungsbehörden und der Justiz vor allem in Frankreich, England und Spanien der Druck auf den illegalen Sektor spürbar erhöht, so dass mittlerweile viele „schwarze Schafe“ enttarnt und verurteilt wurden. Die politische Initiative hierfür kam übrigens maßgeblich durch die europaweit tätige „SEG Sustainable Eel Group“, die sich der Widerherstellung des Aal-Bestands widmet und mit erheblichen Mitteln des ESF gefördert wird.

Auch Fischer, die die Schmuggler mit Glasaalen versorgen, machen sich natürlich strafbar. Diese gezielt verantwortlich zu machen greift jedoch zu kurz, denn ihnen wurde durch willkürliche Fangverbote quasi “über Nacht” die Lebensgrundlage genommen, was sie sprichwörtlich in die Illegalität getrieben hat. Wieder einmal wird deutlich, dass pauschale Fangverbote keine Lösung sein können, denn dadurch floriert illegaler Handel erst recht und ist zudem noch weniger kontrollierbar.

In Koffern versuchen die Schmuggler die wertvolle Ware zu transportieren
Lebende Glasaale werden in Plastikbeuteln versandt

Der Aal auf der Roten Liste

Was "critically endangered" bedeutet

Wenn man sich aktuelle Meldungen über den Aal anschaut, vermag man manchmal ein Katastrophenszenario zu erkennen. Oft wird der Eindruck erweckt, dass die Europäischen Aale quasi ausgestorben sind – das ist definitiv nicht richtig.

Nur ein Kriterium erfüllt

Obwohl die Glasaal-Zuwanderung seit Jahrzehnten zurückging, ist der Europäische Aal, trotz seiner Einstufung als „Critically endangered“ durch die Weltnaturschutzunion IUCN, weit vom Aussterben entfernt. Nur eines von fünf Kriterien, die von der IUCN für diese Einstufung in die Rote Liste definiert sind (Bestandsrückgang von 80 bis 90 Prozent über drei Generationen), trifft möglichweise überhaupt auf den Europäischen Aal tatsächlich zu.

Mehr Aale als Menschen

Um es in anderen Worten zu sagen: Ja, der Bestand des Aals ist zurückgegangen, jedoch ausgehend von einem extrem hohen Niveau – noch immer leben mehr Aale in Deutschland als Menschen.

Wichtig ist zudem, dass der Bestand des Aals in Europa bereits seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts zurückgeht. Die großen Habitatsverluste durch den Eingriff des Menschen in die Natur werden hier als Grund vermutet. Eine zielgerichtete Renaturierung seines Lebensraumes, kombiniert mit einer Verstetigung des Schutzniveaus, ist laut dem Aal-Experten Willem Dekker die Lösung für einen nachhaltigen Erhalt des Aales. Hierzu müssen jedoch Politik, Forschung und Aal- Industrie gemeinsam agieren.

Die Wichtigkeit von Besatzmaßnahmen

Erkenntnisse zur Wirksamkeit

Aufgrund natürlicher Migrationshindernisse ist es dem Aal oftmals nicht möglich, die europäischen Binnengewässer zu erreichen. Deshalb ist es wichtig zu handeln und die Fische auf ihrem Weg zu unterstützen. Neben Migrationshilfen, wie dem sogenannten “Aal-Taxi”, geht es hierbei vor allem um das Besetzen der Aale in Gewässern. Nur so können die ehrgeizigen Ziele des Aal-Managements erreicht und der Population des europäischen Aals geholfen werden.

Besatz effektiver als natürlicher Aufstieg

Ein Streitpunkt war hierbei stets die Mortalitätsrate der jungen Aale auf dem Weg zu den Gewässern. Während eine oft zitierte, sehr einfach gefasste Studie (Briand et al.) aus früheren Jahren die Sterblichkeit mit 42% angab, ist dies heutzutage schlichtweg falsch.

In einer deutlich komplexeren und neueren Studie von Janek Simon und Fabien Charrier, die den Weg von Glasaalen auf ihrem gesamten Weg vom Fang an der französischen Küste bis in die deutschen Binnengewässer begleitet haben, bestätigt sich diese Rate nicht. Sie kommt vielmehr zu dem Ergebnis, dass von 100 Glasaalen durchschnittlich mehr als 85 lebendig und gesund ankommen – eine Quote, die die eines natürlichen Aufstiegs aus dem Atlantik bis in die deutschen Binnengewässer weit übersteigt.

Im Gegensatz zu der älteren Studie von Briand et al., welche nur einen Fischer und wenige Fangfahrten berücksichtigt, wurden nun verschiedene Fischer auf insgesamt 41 Fangfahrten untersucht, was das Ergebnis deutlich repräsentativer macht. Der Eindruck, dass Aalbesatz der Population des europäischen Aals mehr schadet als nützt, ist somit nicht wissenschaftlich haltbar. Vielmehr zeigt sich durch wissenschaftliche Analysen über die Auswirkungen von Besatz, dass dies zu einer Erhöhung der Aalbestände führt.

Vorgestreckte Aale werden n einen See eingesetzt
Feine Glasaale bahnen sich ihren Weg in die neue Hemat

Diskussion über ein Fangverbot

Warum es nur gemeinsam geht

Die Frage, ob ein Fangverbot dem Aal helfen würde, ist aktueller denn je. Politisch wird heiß diskutiert, wie es mit dem Aal weitergehen soll und die Lager sind gespalten. Während eine Seite ein Aussterben der Fischart heraufbeschwört, sehen andere Forscher und Experten eine erfolgreiche Trendumkehr und keine Gefahr eines Aussterbens. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) forderte nun Ende 2021 erstmals explizit die Einstellung jeglicher Aal-Fischerei. Das geforderte Fangverbot bezieht sich auf Berufs- und Freizeitfischerei und beinhaltet auch die Glasaalfischerei für Besatzmaßnahmen und Aquakultur.

Sollte man also das Fangen von Aalen verbieten und der Aal findet von allein wieder zu alter Stärke?

Tatsächlich ist dies nicht so simpel zu betrachten. Ein solches Fangverbot folg der wissenschaftlichen Annahme, dass sich eine Spezies von selbst erholt, wenn man sie in Ruhe lässt. Der Bestandsrückgang des Aals hat jedoch vielfältige Ursachen, vor denen ein Fangverbot die Aale nicht bewahrt, sondern diese gar noch verschlimmern kann.

Faktoren für und gegen den Aal

Die Freizeit- und Berufsfischerei ist nur einer von vielen Faktoren, die mehr oder weniger Einfluss auf den Bestand des Europäischen Aals haben. Die Belegung der Fischerei mit einem Fangverbot ohne Nachweis der Ursachen für die aktuelle Bestandsdynamik vernachlässigt andere Faktoren. Der Habitatsverlust und die Gefahren für den Aal wie Wasserkraftwerke, die sie auf ihrem Wanderweg schreddern, der Hunger der Kormorane, Parasiten wie Schwimmblasenwürmer und vor allem die Wilderei, die durch die Verbote noch höhere Preise erzielen könnte, bleiben.

Dagegen fiele wohl die jetzige erfolgreiche Hilfe weg. Die Aalwirtschaft um die Fischer, Räuchereien, Händler, Angler und Vereine, die mit aller Kraft Maßnahmen im Rahmen der Aalverordnung umsetzt, um den für sie so wichtigen Aal nachhaltig zu fördern, verliert eine wichtige Existenzgrundlage und würde die Maßnahmen nicht fortsetzen. Dazu würde auch die Forschung, die durch die vielen Daten der Aalwirtschaft gespeist wird, geschädigt und das Mysterium Aal mit seinen noch vielen offenen Geheimnissen, die es zu klären gibt, um richtig zu helfen, wird zunehmend zur Blackbox.

Aber der Aal stirbt doch aus? Vielleicht braucht es trotzdem so drastische Mittel.

Tatsächlich ist auch diese Lage komplizierter. Der Aal-Forscher Willem Dekker von der Swedish University of Agricultural Sciences erklärt, dass die Glasaal-Bestände zwar seit Jahrzehnten zurückgehen, doch trotz seiner Einstufung als „Critically endangered“ ist der Aal noch weit vom Aussterben entfernt. . Nur eines von fünf Kriterien, die von der IUCN für diese Einstufung in die Rote Liste definiert sind (Bestandsrückgang von 80 bis 90 Prozent über drei Generationen), trifft möglichweise überhaupt auf den Europäischen Aal tatsächlich zu.

Seitdem die Aalverordnung verabschiedet wurde und Länder zum Schutz des Aals klaren Managementplänen folgen, steigt die Glasaal-Zuwanderung seit 2011 wieder, wenn auch sehr langsam. Die Maßnahmen wirken, auch, wenn eine deutliche Erhöhung der Bestände eine Generationenaufgabe bleibt, alleine aus der Tatsache heraus, dass zwischen Geburt und Fortpflanzung eines Aales bis zu 20 Jahren vergehen können. Heute getätigte Maßnahmen zeigen ihren Erfolg häufig erst nach vielen Jahren.

Nichtstun ist keine Lösung - es braucht menschliches Handeln

Und so lässt sich festhalten, dass ein Aalfangverbot nur die langjährigen Leistungen der Fischer und Angler für die Wiederauffüllung des Europäischen Aalbestandes zu Nichte macht. Den Effekt betrachtend, wäre ein Verbot nur eine politische Scheinmaßnahme, die zwar populär klingt, aber dem Europäischen Aalbestand eher schadet als hilft. Fangverbote bringen sich vielmehr um die so notwendige Datenbasis zur Einschätzung der Bestandsentwicklung und die laufende Finanzierung von Maßnahmen für den Bestand.

Um dem angestrebten Ziel Rechnung zu tragen, wäre es sinnvoll den Weg weiterzugehen und gemeinsame Aalmanagementplan fortzuführen. So bestehen realistische Chancen, das Verschwinden des Fisches zu verhindern und für nachhaltige Bestände zu sorgen.

Aktuelles

Nachrichten aus der Aal-Welt: Alles zur Forschung & Diskussion zum Europäischen Aal.