180.000 junge Aale bei Aalbesatz-Aktion des ASV Bremerhaven-Unterweser ausgesetzt

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Bei der Besatzaktion des  ASV Bremerhaven-Unterweser, die durch die Aalinitiative und den ESF gefördert wurde, wurden um die 180.000 Aale in die Gewässer der Region, wie die Lune und Geeste, eingesetzt.

ASV Bremerhaven-Unterweser geht als positives Beispiel voran

Der Angelsportverein Bremerhaven-Unterweser hat am Mittwoch bereits zum 11. Male etwa zehn bis 15 Zentimeter große Aale ausgesetzt. Als Mitglied der Aalinitiative setzen sich die Angler für einen nachhaltigen Bestand des Europäischen Aals ein und wollen sein Fortbestehen für zukünftige Generationen fördern.

Jetzt den Kurz-Film zur Aktion, den Hintergründen und den Stimmen zum Event anschauen:

Weitere Impressionen zur Besatz-Aktion finden sich unter:

Bericht auf Nord24

Nord24-News-Film

Bericht auf Norderlesen.de

Die Hintergründe: Zur Situation des Europäischen Aals und wie sie verbessert werden kann

Der Aal hat es heutzutage nicht mehr einfach. Als Wanderfisch, der sich in den Tiefen der Sargassosee im Westatlantik fortpflanzt und als winzige Larve in Meeresströmungen über einen Zeitraum von zwei Jahren den Atlantik überquert, steht er am Ende seiner Atlantik-Durchquerung vor seiner größten Herausforderung: dem Eintritt in die europäischen Binnengewässer. Neben vielen Fressfeinden wie Raubfischen und Seevögeln sind es vor allem vom Menschen errichtete Hindernisse, die die kleinen Glasaale vor häufig kaum überwindbare Probleme stellen. Deiche, Wehre, Wasserkraftturbinen mögen für die menschliche europäische Bevölkerung von großem Nutzen sein, für Aale sind sie alle potenzielle Todesfallen.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass der Bestand des Europäischen Aales (Anguilla anguilla) in den letzten 200 Jahren im Zuge der Industrialisierung stark rückläufig ist. Zwar gibt es wahrscheinlich immer noch weit mehr Aale als Menschen in Europa und jedes Jahr erreichen Milliarden junger Aale die europäischen Küsten vor Spanien, Frankreich und England, doch ohne menschliche Unterstützung werden sehr viele von ihnen nie in die kontinentaleuropäischen Binnengewässer eindringen. Der Europäische Aal ist also nicht vom Aussterben bedroht, wie es manchmal behauptet wird. Doch seine Existenz in vielen Binnengewässern ist gefährdet, wenn der Mensch nicht hilft. Seit über 100 Jahren gibt es deshalb in Deutschland und anderen europäischen Ländern die Tradition des Besatzes geeigneter Binnengewässer mit Jungaalen; entweder direkt mit Glasaalen, die vor allem vor der französischen Küste gefischt werden oder mit „vorgestreckten“ Aalen, die nach dem Fang als Glasaal eine gewisse Zeit in einer Aalfarm großgezogen werden.

Ist der Aal dann einmal in den Flüssen und Seenlandschaften eingesetzt worden, lebt er dort zwischen 10 und 15 Jahren und entwickelt sich vom Jungaal zum Gelbaal, bevor er sich wieder auf den gefährlichen Weg zurück in sein Laichgebiet aufmacht. In dieser Zeit wird er durch natürliche Prädatoren wie Kormorane und andere Raubfische, aber auch Faktoren wie Krankheiten und die Angel- und Berufsfischerei dezimiert. Trotzdem spielen gerade die Angel- und Berufsfischer bei der Bestandserhaltung des Aales eine ganz wichtige Rolle, da sie es sind, die zu einem erheblichen Teil die Aal-Besatzmaßnahmen finanzieren und vor allem auch durchführen.

Auch auf seinem Weg zurück ins Meer, wo er dann als Blankaal den weiten Weg in die Sargassosee antritt, um sich dort zu fortzupflanzen, steht der Aal wieder vor der Herausforderung, die verschiedenen Hindernisse wie Deiche, Schleusen und Wasserkraftwerke zu überwinden. Gerade hier sind Verluste besonders bedauerlich, da jedes erwachsene Aal-Weibchen theoretisch über 1 Mio. Eier in sich tragen kann. Wissenschaftler gehen übrigens davon aus, dass sich jedes Jahr ca. 15.000 Tonnen adulter Aale von Atlantik, Nord- und Ostsee auf den Weg zurück in die Sargassosee machen.

Die Initiative zur Förderung des Europäischen Aals e.V. (IFEA) ist ein gemeinnütziger Verein, der im Jahr 2009 gegründet wurde. Vereinsmitglieder sind die meist kleinen und mittelständischen Unternehmen der Aalwirtschaft und Fischereiverbände, aber auch Angelvereine, die den Aalbestand wiederaufbauen wollen. Die IFEA koordiniert und unterstützt Maßnahmen, die zur Wiederauffüllung des europäischen Aalbestands beitragen, ganz besonders Besatzmaßnahmen. Seit ihrer Gründung sind mit Unterstützung der IFEA über 9 Millionen Aale in deutsche Binnengewässer ausgesetzt worden. Darüber hinaus werden Forschung zum Aal und sogenannte T&T (Trap & Transport)-Maßnahmen gefördert, bei denen erwachsene Aale beim Abwandern vor Hindernissen gefangen und so ausgesetzt werden, dass sie ins Mee r gelangen können. Dazu hat die IFEA im Jahr 2016den ESF (Eel Stewardship Fund) ins Leben gerufen; einen Fond, der durch indirekte Beteiligung der Aal-Konsumenten gespeist wird und für eine noch stärkere finanzielle Basis der Wiederauffüllungsmaßnahmen sorgt.

Auf politischer Ebene engagiert die IFEA zusammen mit der europäisch aufgestellten SEG Sustainable Eel Group seit einigen Jahren auch intensiv im Kampf gegen den Schwarzhandel mit Glasaalen nach Asien. Hier gibt es erfreulicherweise in dieser Fangsaison endlich einmal gute Nachrichten für den Aal. Nachdem viele Jahre lang von den Behörden in den Hauptfangländern für Glasaale die Aktivitäten der meist asiatischen Syndikate ignoriert wurden, die die europäische Biomasse um mehrere hundert Millionen Tiere pro Jahr reduziert hatten, haben Frankreich und Spanien mittlerweile ihre Kontrollen massiv verschärft. Dutzende Sendungen Glasaale im Gewicht von vielen Tonnen wurden abgefangen, die Glasaale in geeignete Gewässer zurückgesetzt und die ertappten Fischer, Glasaalhändler und Schmuggler zu empfindlichen Geld- und teilweise sogar Freiheitsstrafen verurteilt. Dass es sich beim Glasaalschmuggel um ein europäisches Problem handelt, zeigten auch die Beschlagnahmungen am Frankfurter Flughafen und die erfolgreiche Razzia im Umland von Frankfurt, bei der ein Schmugglerlager ausgehoben werden konnte. Das Umdenken der Behörden ist auch eine direkte Reaktion auf den andauernden Druck der SEG auf die Brüsseler Institutionen und die verschiedenen europäischen Länder, den „Europäischen Elfenbeinhandel“ endlich nachdrücklicher zu bekämpfen. Als Resultat sind deswegen in der Fangsaison 2018/2019 nicht nur mehr Glasaale in den Europäischen Gewässern geblieben und nicht nach Asien in die dortigen Farmen geschmuggelt worden, sondern der Preis für Glasaale für Besatz ist spürbar gesunken, was bei gleichen Kosten eine deutlich höhere Besatzmenge zuließ, was dem deutschen und europäischen Aalbestand zu Gute kam.

Die Aal-Initiative wendet sich gegen ein Fang- und Verkaufsverbot, wie es von anderen Seiten manchmal gefordert wird. So ein Verbot löst nicht die größten Probleme des Aals, nämlich die Zu- und Abwanderung in Binnengewässer; stattdessen würde es wahrscheinlich dazu führen, dass zukünftig der Aal aus vielen Binnengewässern verschwinden würde und die wichtigen Kenntnisse und Informationen, die Fischer und Angler beisteuern, verloren gehen würden.

Die IFEA meint, dass es stattdessen wichtiger ist, dass Aal-Wirtschaft, Angler und Verbraucher, die gerne Aal essen, einen angemessenen Beitrag dazu leisten, dass der Europäische Aal-Bestand wieder aufgefüllt wird. Hierbei handelt es sich um eine Multi-Generationen-Aufgabe vor dem Hintergrund des einzigartigen Aal-Lebenszyklus, bei dem viele Maßnahmen ihre Wirkung erst nach 10 oder mehr Jahren entfalten. Aber ein Anfang ist gemacht und die Beobachtungen des Glassaalaufkommens, gerade im Kern-Ankunftsgebiet der französischen Biskaya, in den letzten Jahren stimmen optimistisch, dass der Tiefpunkt der Entwicklung bereits vor mehreren Jahren in einem Wiederanstieg umgewandelt werden konnte. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die EU-Aalverordnung funktioniert und die Aal- Managementpläne der verschiedenen EU-Staaten fortgesetzt werden sollten.